Pflegehinweise Fettkraut (Pinguicula spec.)
Nach vielen Jahren des Wartens, konnte ich mich endlich dazu durchringen ein Fettkraut Pinguicula x Tina (P. zecheri x P. agnata) zu kaufen. Kurz vorher hatte ich eine Pinguicula gigantea geschenkt bekommen. Also blieb mir auch nichts anderes übrig, als mich mit dieser sehr interessanten Pflanze auseinander zu setzen.
Geschichte
Als Schmalzkraut (smalz chrawt) wurde Pinguicula (Fettkraut) bereits 1479 von Vitus Auslasser erwähnt. Erst gut 80 Jahre später, 1561, erwähnte Konrad Gessner den Gattungsnamen Pinguicula in seinem Kräuterbuch. Wer in der Schule aufgepasst hat, „pinguis“ bedeutet im Lateinischen „fett/fettig/ölig“. Eine Anspielung an die dicken, glänzenden Blätter des Fettkrauts.
Aber erst 1873 (!) befasste sich William Marshall (deutscher Zoolge) intensiver mit dem Fettkraut, da er unzählige kleine Fliegen auf den Blättern verendet sah und beschrieb seine karnivoren Eigenschaften. Der Naturwissenschaftler und Begründer der Evolutionstheorie Charles Darwin bestätigte 1875 diese Vermutung.
Mit der Zeit wurden immer mehr Arten entdeckt und es füllen nun über 100 Fettkrautarten unzählige Fachbücher. Über den Ursprung streiten sich die Gelehrten. Man geht zwar von Mexiko oder der Karibik aus, da es hier die größten Vorkommen an unterschiedlichen Arten vorkommen. Jedoch kann es aufgrund der äußerst vorteilhaften Standortbedingungen zu häufiger Mutation gekommen sein.
Aber eines ist klar: Im Laufe der Evolution hat sich das Fettkraut an die unterschiedlichsten Klimazonen und Habitate angepasst.
Standort
Fettkräuter findet man eigentlich überall auf der Welt. Sie konnte sich an die meisten Standortbedingungen anpassen. Eine Ausnahme gibt es aber: In Australien gibt es keine natürlichen Vorkommen. Außerdem findet man Pinguicula in Afrika nur im äußersten Norden (P. lusitanica), andere Standorte auf diesem Kontinent konnten bislang nicht ermittelt werden.
Dass als Entstehungsgebiet Mittelamerika angenommen wird, ist nicht weiter verwunderlich, da die meisten Arten an genau dieses Klima angepasst sind. Pinguicula filifolia ist hier als eine der bekanntesten zu nennen.
Wenn man ein Fettkraut wachsen findet, dann in Torfmooren, sumpfigen Böden, Bachufern oder Sandstein-Felswänden. Ungewöhlich aber P. vallisneriifolia findet man sogar an kalkhaltigen Gebirgshängen! Bemerkenswert für eine karnivore Pflanze, da diese eigentlich saure Böden alkalischen vorziehen.
Mexikanische Hochlandarten
Durch enorme Formenvielfalt, stechen die knapp 60 Arten im mexikanischen Hochland hervor. Trockene und kühle Winter, sowie milde feuchte Sommer mit andauernden Regenfällen stellen etwas höhere Ansprüche an die Kultur in unseren Breiten. Da die Fettkräuter zumeist an Felswänden wachsen, ergibt sich ein gänzlich ander Substratmix als bei Karnivoren üblich.
Karibische Arten
Noch eine Ecke extremer sind die Bedingungen in der Karibik. Viele Pflanzen stellen bei dieser hohen Luftfeuchtigkeit und Hitze das Wachstum ein.
Gemäßigte Klimazonen
Diese Klimazone ist riesig und erstreckt sich über die gesamte Nordhalbkugel. Daher finden sich hier ebenso unterschiedlichste Fettkräuter, beispielhaft P. ramosa (Japan), P. variegata (Sibirien) und P. alpina (Mitteleuropa). Zu finden ist Pinguicula hier an Kalksteinwänden, kleinen Bächen. Teils auch in Wiesenmooren mit torfhaltigen Böden.
Pflanzenbeschreibung
Man unterscheidet die Arten generell in zwei Wuchstypen. Dominierend sind die tropischen Arten, welche, vereinfacht, das ganze Jahr hindurch Blätter ausbilden.
Man unterscheidet bei den tropischen Arten in homophylle (bilden nur eine Blattart) und heterophylle (bilden sowohl Winter- als auch Sommerblätter aus).
Der temperierte Wuchstyp stellt im Winter sein Wachstum ein und überwintert in einer Winterknospe.
Auch das Fettkraut (Pinguicula) hat sich an seine karge Umgebung angepasst und nimmt Nährstoffe über gefangene Insekten zu sich. Die feinen Klebefallen auf den Blättern sondern einen zähflüssigen Zucker aus, der die Insekten anlockt und bei Kontakt gefangen hält. Enzyme verflüssigen dann das Innere und werden von der Pflanze aufgenommen. Vor allem auf die Stickstoffverbindungen hat es das Fettkraut abgesehen, da diese in Mooren oder Kalkfelsen kaum vorkommen.
Übrigens gehören Fettkräuter zu den Wasserschlauchgewächsen (Bekannt vor allem durch Utricularia und Genlisea).
Typische Beutetiere sind kleinere Insekten wie Trauermücken und Fruchtfliegen. Größere Insekten wie Ameisen, Käfer und Blattläuse sind zu stark für die winzigen Klebetropfen.
Jedoch können sich auch Schmetterlinge und Falter verirren und zur Beute werden, wenn sich ihre Flügel großflächig verfangen und sie nicht mehr abheben können.
Pflege und Kultur
Es ist aufgrund der großen Anzahl an unterschiedlicher Habitate sehr schwierig allgmeine Pflege- und Kulturbedingungen zu definieren.
Eine Gemeinsamkeit haben alle Fettkräuter: sie sind nicht besonders anspruchsvoll, was die Lichtverhältnisse betrifft. Anderen Karnivoren reagieren hier gereizt, wenn man sie nur hell stellt und direktes Sonnenlicht meidet.
Eine Ausnahme bildet hier Pinguicula filifola, die Temperauren größer 30°C und volle Sonne bevorzugt. Mexikanische und winterharte Arten hingegen vetragen sommerliche Temperaturen von 18 – 30°C am besten.
Im Winter sollten die Mexikaner bei 10-15°C kultiviert werden. Die winterharten hingegen benötigen jedoch einen deutlichen Absand zur Sommertemperatur. Eine Kultur zwischen 0 und 5 Grad sollte angestrebt werden.
Eine gute Belüftung im Winter sollte, wie bei allen Pflanzen, garantiert werden. Ansonsten droht Wurzelfäule. Auch eine Luftfeuchtigkeit zwischen 50 – 60% ist für die meisten Fettkräuter empfehlenswert.
Es gilt: Hast du dir keine 0815 Pinguicula zugelegt, dann lies im Internet nähere Informationen zur Kultur.
Beim Substrat sind sich die Fettkräuter ebenfalls uneins. Während die karibischen eine Torf/Sand-Gemisch bevorzugen, benötigen die europäischen und mexkanischen hingegen eine Auflockerung durch Perlit,, ,Vermiculite oder Ton.
Pinguicula vallisneriifolia und ein paar weitere benötigen sogar Mergelkalk als Beimischung.
Das Substrat sollte auch in den Sommermonaten bei allen Arten nicht all zu nass sein aber immer feucht.
Mexikanische Arten mit Winterrosette sollten bereits im Herbst nur noch eine geringe Feuchtigkeit aufweisen. Im Winter darf das Substrat dann eigentlich fast austrocknen. Sobald sich im Frühjahr die ersten Karnivorenblätter zeigen, darf wieder mit dem Gießen begonnen werden.
Schädlinge und Krankheiten
Es kann vorkommen, dass sich Blattläuse an den meist jungen Blattachsen vergehen. Die großen Schädlinge kann man absammeln und sofort verfüttern aber wenn es zu viele werden, hilft nur noch eine „chemische“ Behandlung mit Kaliseife*. Dieses hilft auch bei (eher unwahrscheinlichem) Spinnmilbenbefall.
Wurzelfäule kann vorkommen und zwar, wenn das Substrat von Moos (nicht Sphagnum) überwuchert wird. Dieses verschließt die Oberfläche und es dringt kein Sauerstoff mehr zu den Wurzeln. Hier hilft nur regelmäßiges Umtopfen.
Trauermückenlarven könnten die Wurzeln beschädigen und zum Absterben der Pflanze führen. Günstige Gelbtafeln* helfen hier ungemein.
Die ausgewachsenen Mücken werden gefangen und können sich nicht vermehren. Schneller geht es mit Nematoden*. Diese legen Eier in die Trauermückenlarven und fressen diese von innen auf. Wenn es keine Larven mehr gibt, sterben die Nematoden. Eine Vermehrung der Trauermücke findet somit nicht statt. Am besten nutzt man beide Mittel.
Vermehrung
Fettkräuter lassen sich sehr einfach vermehren. Bei Arten mit Winterrosette (Mexikanische), können die Blätter direkt am Ansatz einfach abgenommen und in frisches Substrat gesteckt werden.
Andere winterharte Arten (europäische) bilden Ablegerknospen (Gemmae), die man einfach pikieren und umtopfen kann.
Sollte man zu Samen gekommen sein, dann kann man diese jederzeit aussäen (Lichtkeimer) und unter Kunstlicht (Richtwert: 40W für 8h täglich) leicht feucht halten, am besten in einem kleinen Gewächshaus wie wir es nutzen.
Bei 18 – 22°C und 4 – 6 Wochen + Kunstlicht bilden sich erste kleine grüne Punkte auf dem Substrat. Herzlichen Glückwunsch!
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